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Zeitweise trockenfallende Schlammufer an größeren Flüsse mit Gänsefußfluren
Vorwiegend am Unterlauf von größeren Flüssen bzw. den großen Strömen in Deutschland kann am Ufer kurzzeitig ein sehr spezieller Biotoptyp entstehen. Meistens im Frühsommer bei Hochwasser oder zumindest hohem Wasserstand wird dort zunächst nährstoffreicher Schlamm angelandet. Mit abnehmendem Wasserstand - z.B. nach langer Trockenperiode im Hochsommer - fallen diese Bereiche wieder trocken und ermöglichen die Ansiedlung durch kurzlebige Pflanzen.
Auf diesem "Schlamm" - die Pflanzengesellschaft wird auch Schlämmlingsflur genannt - wachsen verschiedene sehr charakteristische Pflanzenarten. Die dort vorzufindenden Muschelschalen von Süßwassermuscheln zeigen jedoch den hohen Bezug des Lebensraumes zum Fließgewässer und damit einhergehend auch erhöhte Gefahr wieder überschwemmt zu werden. In der verbleibenden Zeit bis zum Winter ist es den Pflanzen jedoch in der Regel möglich, ihren kompletten Lebenszyklus bis zur Samenreife abzuschließen; man spricht von einjährigen Pionierpflanzen. Steigt im darauffolgenden Jahr oder Winter der Wasserstand wieder, liegen die Samen geschützt im Boden und warten erneut auf den nächsten Lebenszyklus.
Trotz der Kurzlebigkeit der Gesellschaft gibt es beim Bewuchs eine bestimmt Abfolge (Sukzession) von aufkeimenden Pflanzen; manche Arten sind nach dem Trockenfallen "schneller" als andere, verschwinden aber dafür wieder früher und werden durch andere ersetzt. Typische Pflanzenarten können z. B. Roter Gänsefuß (Chenopodium rubrum, rötliche Pflanze auf dem Foto), Nickender Zweizahn (Bidens cernua), Schwarzfrüchtiger Zweizahn (Bidens frondosa) und Dreiteiliger Zweizahn (Bidens tripartita) sein oder beispielsweise - vom Fachmann auf dem Foto zu erkennen - Schlammling (Limosella aquatica) und Rötlicher Wasser-Ehrenpreis (Veronica catenata, Blüten auf dem Foto).
Watvögel wie der Flußregenpfeifer oder Flußuferläufer suchen im ufernahen Schlickbereich nach Nahrung.
Unter den Insekten sind besonders die Laufkäfer auffällig, beispielsweise aus der Laufkäfergattung Bembidion oder Libellenarten aus der Familie der Keiljungfern (Gomphidae).
Bildergalerie von typischen Pflanzenarten in diesem Lebensraum
Verbreitung
In Deutschland sind Fließgewässer mit Schlammbänken auf denen sich dieser Lebensraum ausbildet im wesentlichen auf große Flüsse beschränkt. Die Hauptvorkommen und die artenreichsten Vorkommen liegen im Rheintal, an der Elbe und an der Oder. Grundsätzlich können die bewachsenen Schlammbänke aber an allen größeren Flüssen auftreten, sofern der Wasserstand noch Schwankungen unterliegt und sich an unverbauten Ufern bei geringer Strömungsgeschwindigkeit Schlammbänke ablagern können.
Natura 2000 Lebensraumtyp
Dieser Biotoptyp ist ein europaweit besonders geschützter Lebensraum! Natura 2000 - Code: 3270
"Flüsse mit Schlammbänken mit Vegetation des Chenopodion rubri p.p. und des Bidention p.p." sind ein eigenständiger Lebensraumtyp, der auf Anhang I der FFH-Richtlinie gelistet ist. Wie die Umschreibung schon sagt, werden in diesem Natura 2000 - Lebensraumtyp Teile mehrerer Biotoptypen zusammengefasst - hier handlet es sich um 'Chenopodion rubri'. Die Verbereitungskarte zeigt somit nicht exakt die Verbreitung dieses Biotoptyps an.
© Verbreitungskarte. Quelle: BfN/BMUB 2019: Nationaler Bericht Deutschlands nach Art. 17 FFH-Richtlinie; basierend auf Daten der Länder und des Bundes. Datengrundlage: Verbreitungsdaten der Bundesländer und des BfN.
Ökologie
Schlammige Ufer sind ein natürlicher Bestandteil naturnaher, nicht geregelter Flusslandschaften. Das Auftreten der Schlammbänke kann sich innerhalb eines Jahres oft und schnell ändern, auch die Dauer des Trockenfallens ist sehr veränderlich. Schlammige Ufer an Flüssen sind Pionierstandorte, an deren Lebensbedingungen sich einige Tier- und Pflanzenarten angepasst haben und schließlich auch angewiesen sind. Die hier lebenden Arten müssen die Lebensräume schnell besiedeln können oder eben - aufgrund ihres Lebenszyklusses - gut an die natürlichen Zyklen angepasst sein.
Da sowohl länger anhaltende Überflutungen, als auch Trockenphasen nicht vorhersehbar sind, müssen die Arten diese gut ertragen können. Die meisten Arten sind in der Lage eine Samenbank auszubilden, d.h. die Samen gelangen in den Boden und könne im dauaruffolgenden Jahr oder selbst Jahrzehnte später bei geeigneten Bedingungen wieder keimen.
An natürlichen Gewässern bilden sich Sand- und Schlammbänke vor allem an Gleitufern, als abgewandt vom Prallhang aus. Neben den genannten Arten können beispielhaft folgende typischen Pflanzenarten genannt werden: Wasserpfeffer (Persicaria hydropiper), Ampfer-Knöterich (Persicaria lapathifolia), Gewöhnlicher Strandsimse (Bolboschoenus maritimus), Schlank-Segge (Carex acuta), Strand-Ampfer (Rumex martimus), Elb-Spitzklette (Xanthium albinum) und wietere Gänsefuß-Arten (Chenopodium glaucum , Chenopodium polyspermum , Chenopodium ficifolium).
Gefährdung
Da dieser Lebensraum quasi Bestandteil des Fließgewässer ist, ist er auch stark durch entsprechende Veränderung der Gewässer- und Uferstruktur (z.B. Begradigung, Uferbefestigungen, Buhnenbau, Bau von Staustufen) betroffen. Darüber hinaus aber auch durch die starke Ausbreitung von Neubürgern in der Pfanzenwelt (Neophyten), welche eingeschleppt wurden und sich explosionsartig ausbreiten. Sie verdrängen die einheimischen Pflanzenarten.
Im Einzelfall kann intensive Freizeitaktivität im Uferbereich (Badebetrieb) diesen Lebensraum schädigen, wobei er von Haus aus viele Eigenschaften mitbringt, die ihn gut mit diesen Störungen umgehen lässt. Durch eine Förderung der natürlichen Fließgewässerdynamik mit Überschwemmungenm und Substratumlagerungen, sowie der Vermeidung von Schadstoffeinträgen durch angrenzende Fläche ist diesem Lebensraum meistens ausreichend geholfen.
Tagfalter in diesem Lebensraum
Fliegen in diesem Lebensraum
Libellen in diesem Lebensraum
Säugetiere in diesem Lebensraum
Heuschrecken in diesem Lebensraum
Wanzen in diesem Lebensraum
Referenzlisten: