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Torfmoos-Moosbeeren-Gesellschaften in naturnahen Hochmooren

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Torfmoos-Moosbeeren-Gesellschaften in naturnahen Hochmooren

Erhöhte Kuppen (Bulte) in naturnahen Hochmooren mit Torfmoos und Moosbeere

Torfmoos-Moosbeeren-Gesellschaften sind die prägende Pflanzengemeinschaften der naturnahen Hochmoore. Sie wachsen meistens etwas erhöht auf sogenannten Bulten, während in den Mulden (Schlenken) auch andere Gesellschaften auftreten können.

Torfmoos-Moosbeeren-Gesellschaften sind sehr nasse Biotoptypen, die typischerweise aber alleine durch Regenwasser gespeisst werden. Dadurch gibt es kaum Nährstoffeintrag und Hochmoore als Ganzes sind sehr nährstoffarm. Die kennzeichnende Pflanze ist das Torfmoos (Sphagnum, rötlich im Vordergrund auf dem Foto), welches im Verlauf der Jahrzehnte quasi die Anbindung an den Untergrund verliert und nur noch auf seinen alten, abgestorbenen Pflanzenresten wächst. Diese abgestorbenen Pflanzenreste sind der Torf, der leider noch in einigen Gärten eingesetzt wird. Das Wachstum der Torfmoose bewirkt, dass intakte Hochmoore leicht gewölbt nach oben wachsen - dies geschieht aber sehr langsam in Jahrzehnten oder Jahrhunderten. Außer der Nährstoffarmut ist die saure Umgebung sehr typisch für Hochmoore, sie entseht durch die Verwitterung der sauren Torfmoose.

Bäume treten in Hochmooren kaum auf. Allenfalls Birken oder zwergwüchsige Kiefern (Foto) wachsen in trockeneren Bereichen und trotzen den widrigen Bedingungen. Hieraus entstehen aber keine Wälder, sondern nicht selten sterben die Bäume in einem gewissen Alter dann doch natürlicherweise ab.

Hochmoore sind aufgrund der sehr speziellen Bedingungen sehr artenarme Lebensräume die nur Spezialisten das Überleben ermöglichen. Abweichend von vielen anderen Lebensräumen weist Artenreichtum bei Hochmooren eher auf eine Störung oder Beschädigung hin. Aufgrund der Seltenheit dieses Lebensraumes, sind auch die meisten typischen Hochmoorarten in Deutschland sehr selten. Neben den verschiedenen Torfmoos-Arten sind z.B. die Fleischfressenden Sonnentaue (Drosera rotundifolia, Drosera intermedia) typisch für Hochmoore. Sie ziehen aufgrund der nährstoffarmen Bedingungen einen Teil ihrer Nährstoffe aus Insekten, welche sich in den klebrigen Blättern verfangen und quasi verdaut werden. Weitere Pflanzenarten sind Scheidiges Wollgras (Eriophorum vaginatum), Schmalblättriges Wollgras (Eriophorum angustifolium), Weißes Schnabelried (Rhynchospora alba), Rasenbinse (Trichophorum cespitosum), Blumenbinse (Scheuchzeria palustris), Moosbeere (Vaccinium oxycoccos, rote Frucht am unteren Bildrand) und Rauschbeere (Vaccinium uliginosum).

Unter den Insekten gibt es den typischen Hochmoor-Laufkäfer (Carabus menetriesi) und einige andere Käfer dieser Familie oder die Schmetterlinge Hochmoor-Gelbling (Colias palaeno), Moosbeerenbläuling (Plebejus optilete) und Moor-Perlmutterfalter (Boloria aquilonaris).

Man findet auch verschiedene Moorlibellenarten wie Torf-Mosaikjungfer (Aeshna juncea), Hochmoor-Mosaikjungfer (Aeshna subarctica), Kleine und Nordische Moosjungfer (Leucorrhinia dubia, Leucorrhinia rubicunda), Alpen-Smaragdlibelle (Somatochlora alpestris), Arktische Smaragdlibelle (Somatochlora arctica) und in den Alpen die Alpen-Mosaikjungfer (Aeshna caerulea).

Die Kreuzotter ist eine typische Hochmoorart. Unter den Vögeln Schwarzkehlchen, Bekassine (Gallinago gallinago), Großer Brachvogel (Numenius arquata), Sumpfohreule (Asio flammeus), Ziegenmelker (Caprimulgus europaeus) und Raubwürger (Lanius excubitor).

Bildergalerie von typischen Pflanzenarten in diesem Lebensraum

MoosbeereRundblättriger SonnentauScheiden-Wollgras

Verbreitung

In Deutschland findet man naturnahe Hochmoore und mit ihnen die Torfmoos-Moosbeeren-Gesellschaften vorwiegend in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und besonders gut ausgeprägt am nördlichen Alpenrand. Die Voraussetzung für das Vorkommen des Biotoptyps ist ein feuchtes Klima mit großen Niederschlagsmengen und eher kühler Witterung.

Natura 2000 Lebensraumtyp

Verbreitung

Dieser Biotoptyp ist ein europaweit besonders geschützter Lebensraum! Natura 2000 - Code: 7110

"Torfmoos-Moosbeeren-Gesellschaften" sind typischerweise dem Lebenraumtyp "Naturnahe Hochmoore" (7110) von Anhang I der FFH-Richtlinie zuzuordnen. Man findet sie aber auch in bereits degenerierten, aber noch renaturierungsfähigen Hochmooren (Lebensraumtyp: 7120)

© Verbreitungskarte. Quelle: BfN/BMUB 2019: Nationaler Bericht Deutschlands nach Art. 17 FFH-Richtlinie; basierend auf Daten der Länder und des Bundes. Datengrundlage: Verbreitungsdaten der Bundesländer und des BfN.


Gefährdung

Torfmoos-Moosbeeren-Gesellschaften in lebenden Hochmooren sind - wie bereits erwähnt - extrem empfindliche Ökosysteme, die i.d.R. durch geringste Handlungen stark beeinträchtigt werden können. Jede Maßnahme, welche in den Wasserhaushalt eingreift, kann das Hochmoor zerstören. Furchtbar sind in dem Zusammenhang Abbautätigkeiten, um z.B. Torf für den Gartenbau abzubauen. Jedermann sollte sich im Klaren sein, dass er durch den Kauf von Torf Hochmoore irreparabel zerstört. Wenn auch dies in Deutschland kaum noch geschieht, schreitet die Zerstörung riesiger Flächen in Osteuropa weiter fort. Torf ist im Gartenbau ersetzbar und man kann an die Gartenbesitzer nur appellieren auf Alternativprodukte zurückzugreifen.

Neben diesem schwerwiegenden Punkt, kann auch Nährstoffeintrag von angrenzenden Flächen die typischen Artengemeinschaften verändern und zerstören. Hochmoore gehören zu den Lebensräumen, bei denen eine Trittbelastung wirklich schädigend wirken kann. Die verbliebenen Reste naturnaher Hochmoore sollten deshalb vor dem direkten Zugang durch den Menschen geschützt werden. Als Kompromiss wurden in der Vergangenheit Bohlengänge in den Randbereichen angelegt, die es dennoch erlauben, sich einen Eindruck von der Besonderheit des Lebensraumes zu verschaffen; hier muss aber sehr vorsichtig vorgegangen werden und im Zweifelsfall sollte lieber auf derartige Maßnahmen versichtet werden bzw. "Bausünden" aus der Vergangenheit zurückgebaut werden.

Tagfalter in diesem Lebensraum

Fliegen in diesem Lebensraum

Libellen in diesem Lebensraum

Amphibien & Reptilien in diesem Lebensraum

Säugetiere in diesem Lebensraum

Wanzen in diesem Lebensraum

Referenzlisten:

Natura2000: Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen

EUNIS 2021/22: European Nature Information System (EUNIS; deutsch Europäisches Naturinformationssystem). EUNIS marine habitat classification (Updated version March 2022), EUNIS terrestrial classification (Updated 2021)

EuroVegChecklist: Bergmeier E. (2020) & Mucina et al. (2016)

Bergmeier E. (2020): Die Vegetation Deutschlands – eine vergleichende Übersicht der Klassen, Ordnungen und Verbände auf Grundlage der EuroVegChecklist. Tuexenia 40: 19–32.

Mucina L., H. Bültmann, K. Dierßen, J.-P. Theurillat, T. Raus, A. C arni, K. Š umberová, W. Willner, J. Dengler, R. Gavilán García, M. Chytrý, M. Hájek, R. Di Pietro, D. Iakushenko, J. Pallas, F.J.A. Daniëls, E. Bergmeier, A. Santos Guerra, N. Ermakov, M. Valachovic , J.H.J. Schaminée, T. Lysenko, Y.P. Didukh, S. Pignatti, J.S. Rodwell, J. Capelo, H.E. Weber, A. Solomeshch, P. Dimopoulos, C. Aguiar, S.M. Hennekens & L. Tichý (2016): Vegetation of Europe: hierarchical floristic classification system of vascular plant, bryophyte, lichen, and algal communities. Applied Vegetation Science, Vol. 19, Supplement 1: 1-264.

Ellenberg, H. & Leuschner, C. (2010): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen, 6. Aufl., Stuttgart: 1357 S.

Delarze R., Gonseth Y., Eggenberg S., Vust M. (2015): Lebensräume der Schweiz. Ökologie - Gefährdung - Kennarten. 3. Auflage 2015. 456 Seiten.

Finck, P., Heinze, S., Raths, U., Riecken, U., Ssymank, A. (2017): Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen Deutschlands – dritte fortgeschriebene Fassung 2017. Naturschutz und Biologische Vielfalt 156, 460 S.

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Referenzlisten

Bezüge zu anderen Listen:
Ellenberg & Leuschner (2010) 1.8.1.1
Finck et al. (2017) 36.01, 36.02, 65.01
EUNIS 2021/22 Q11, Q21
EuroVeg-Checklist 12PB01B, 12PB02B
Delarze et al. (2015) 2.4.1.
Natura 2000 7110*
Häufigkeit sehr selten

Online: https://www.deutschlands-natur.de/lebensraeume/moore/lebende-hochmoore/
Datum: 19.03.2024
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