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Quellerbestände an Nord- und Ostsee

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Quellerbestände an Nord- und Ostsee

Lebensräume im Übergangsbereich zwischen Meer und Land von Nord- und Ostsee, welche durch die salztolerante Pflanzenart Queller dominiert werden

Das Queller-Watt von Nord- und Ostsee hat seinen Namen von der dominierenden Pflanzenart - dem Europäischen Queller (Salicornia europaea agg., Foto), eine dickfleischige und sehr salztolerante Pionierpflanze.

Der Queller ist eine der wenigen Pflanzenarten, welche den hohen Salzgehalt des Meeres nicht nur toleriert, sondern sogar darauf angewiesen ist. Er benötigt das Salz, um durch bestimmte Zellvorgänge Wasser aufnehmen zu können. Allerdings führt die Anreicherung von Salz im Pflanzenkörper dazu, dass die Pflanze im Herbst langsam abstirbt - die rote herbstliche Färbung ist ein erstes Anzeichen dafür. Er ist also eine einjährige Pflanze, d.h. der gesamte Lebenszyklus von Keimung bis Samenreife ist innerhalb eines Jahres abgeschlossen. Der Lebensraum des Quellers reicht am weitesten an das Meer heran, er liegt unterhalb des Pegels, an dem in der Regel das Meer bei Flut steht. Überschwemmungen durch Meereswaser sind somit nicht ungewöhnlich, sondern eher die Regel. Daher kommt es auch, dass fast keine anderen höheren Pflanzen in diesem Lebensraum wachsen.

Der Untergrund ist schlammig oder sandig und liegt typischerweise vor den Salzwiesen, als letzter "Landlebensraum" an der Küste. Neben dem prägenden Queller können vereinzelt noch andere Pflanzenarten auftreten, welche eher in höheren Bereichen der Salzweisen auftreten, z.B. Strand-Sode (Suaeda maritima), Strand-Aster (Aster tripolium) oder Salz-Schuppenmiere (Spergularia salina). Der gesamte Bewuchs ist mehr oder weniger lückenhaft, vereinzelt.

Ebenso wie das pflanzenfreie Wattenmeer ist auch das Queller-Watt ein einizigartiger Lebensraum für viele wirbellose Tierarten, wie Krebstiere, Muscheln, Würmer oder sonstige Gruppen. In Zeiten der Flut kommen zeitweilig viele Fischarten hinzu. Es ist kaum möglich bestimmte Fisch-, Muschel- oder Krebsarten aus der Vielfalt aller Arten herauszugreifen, welche im Queller-Watt dauerhaft oder zeitweilig auftreten können. Interessant ist, dass auch bestimmte Insektenarten des "Landes" im Queller-Watt vorkommen, z.B. aus der Gruppe der Laufkäfer und Wanzen. Die Vögel finden dort ihre Nahrung und einen Ruheraum; als Brutlebensraum ist das Quellerwatt aufgrund der regelmäßigen überflutungen nicht geeignet. Beispielhaft für die unglaubliche Zahl von Vogelarten des Wattenmeeres können Brandente (Tadorna tadorna), Austernfischer (Haematopus ostralegus), Säbelschnäbler (Recurvirostra avosetta), Sandregenpfeifer (Charadrius hiaticula), Kiebitzregenpfeifer (Pluvialis squatarola), Knutt (Calidris canutus), Alpenstrandläufer (Calidris alpina), Pfuhlschnepfe (Limosa lapponica), Großer Brachvogel (Numenius arquata) und Rotschenkel (Tringa totanus) genannt werden.

Verbreitung

An der deutschen Nordseeküste ist das Queller-Watt weit verbreitet und nimmt an manchen Orten große Bereiche der gesamten Wattfläche ein. Der Schwerpunkt liegt an Schlickküsten und an weniger exponierten Sandküsten, z.B. im Rückseitenwatt der Inseln. Die größten Vorkommen liegen damit im „Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer“. An der Ostseeküste ist Quellerwatt selten, im Wesentlichen auf überwiegend kleinflächige Bestände am Rande von Prielen oder innerhalb von Salzgrünland in abflusslosen Senken (Röten) beschränkt. Es handelt sich dort überwiegend um kleine Vorkommen am östlichen Verbreitungsrand des Lebensraumtyps mit folgenden Verbreitungsschwerpunkten: Wismarbucht, Darß-Zingster Boddenkette, Salzwiesen bei Pramort, Großer Werder, Greifswalder Bodden, Peenestrom, Bock, Gellen, Alter und Neuer Bessin, Bug und Udarser Wieck.

Natura 2000 Lebensraumtyp

Verbreitung

Dieser Biotoptyp ist ein europaweit besonders geschützter Lebensraum! Natura 2000 - Code: 1310

Das Queller-Watt ist ein eigenständiger Natura 2000-Lebensraumtyp

© Verbreitungskarte. Quelle: BfN/BMUB 2019: Nationaler Bericht Deutschlands nach Art. 17 FFH-Richtlinie; basierend auf Daten der Länder und des Bundes. Datengrundlage: Verbreitungsdaten der Bundesländer und des BfN.


Gefährdung

Das Queller-Watt wird nicht genutzt. Es ist aber allgemein durch Maßnahmen gefährdet, welche auch andere Küstnlebensräume gefährden. Z.B. Einschränkung der natürlichen Dynamik durch Maßnahmen des Küstenschutzes (z.B. durch den Bau von Lahnungen und Buhnen), Entwässerung, Beeinträchtigung der Wasser- und Sedimentqualität (Nähr- und Schadstoffeinträge, Veränderung der Anteile von Sand-, Schlick- und Mischwatt), Ausbreitung nicht einheimischer Pflanzen und dadurch Verdrängung, z.B. durch Schlickgras.

Besonderheiten

Der Queller ist essbar, und wird in einigen Regionen Europas als Wildgemüse von leicht pfeffrigem Geschmack gegessen. Die junge Pflanze wird dabei ab Mai geerntet, wobei nur die Spitzen verarbeitet werden. Früher fand die Asche des Quellers bei der Seifenherstellung Verwendung. In der Glasbläserei wurde sie zur Herabsetzung des Schmelzpunktes dem Glas beigesetzt, daher auch der Name Glasschmelz.

Fliegen in diesem Lebensraum

Säugetiere in diesem Lebensraum

Referenzlisten:

Natura2000: Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen

EUNIS 2021/22: European Nature Information System (EUNIS; deutsch Europäisches Naturinformationssystem). EUNIS marine habitat classification (Updated version March 2022), EUNIS terrestrial classification (Updated 2021)

EuroVegChecklist: Bergmeier E. (2020) & Mucina et al. (2016)

Bergmeier E. (2020): Die Vegetation Deutschlands – eine vergleichende Übersicht der Klassen, Ordnungen und Verbände auf Grundlage der EuroVegChecklist. Tuexenia 40: 19–32.

Mucina L., H. Bültmann, K. Dierßen, J.-P. Theurillat, T. Raus, A. C arni, K. Š umberová, W. Willner, J. Dengler, R. Gavilán García, M. Chytrý, M. Hájek, R. Di Pietro, D. Iakushenko, J. Pallas, F.J.A. Daniëls, E. Bergmeier, A. Santos Guerra, N. Ermakov, M. Valachovic , J.H.J. Schaminée, T. Lysenko, Y.P. Didukh, S. Pignatti, J.S. Rodwell, J. Capelo, H.E. Weber, A. Solomeshch, P. Dimopoulos, C. Aguiar, S.M. Hennekens & L. Tichý (2016): Vegetation of Europe: hierarchical floristic classification system of vascular plant, bryophyte, lichen, and algal communities. Applied Vegetation Science, Vol. 19, Supplement 1: 1-264.

Ellenberg, H. & Leuschner, C. (2010): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen, 6. Aufl., Stuttgart: 1357 S.

Delarze R., Gonseth Y., Eggenberg S., Vust M. (2015): Lebensräume der Schweiz. Ökologie - Gefährdung - Kennarten. 3. Auflage 2015. 456 Seiten.

Finck, P., Heinze, S., Raths, U., Riecken, U., Ssymank, A. (2017): Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen Deutschlands – dritte fortgeschriebene Fassung 2017. Naturschutz und Biologische Vielfalt 156, 460 S.

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Referenzlisten

Bezüge zu anderen Listen:
Ellenberg & Leuschner (2010) 2.4.1.1
Finck et al. (2017) 02.01, 05.01, 08.04
EUNIS 2021/22 MA22, MA23
EuroVeg-Checklist 12ME01B, 12ME01C
Delarze et al. (2015)
Natura 2000 1310
Häufigkeit mittel

Höhenverbreitung


Online: https://www.deutschlands-natur.de/lebensraeume/kuesten-salzvegetation/pioniervegetation-mit-salicornia-auf-schlamm-und-sand-quellerwatt/
Datum: 04.10.2024
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