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Stromtalwiesen
Mit Stromtalwiesen sind Auenwiesen mit natürlicher Überflutungsdynamik entlang der großen Flüsse in Deutschland gemeint; die Wiesen werden im Frühjahr oder Frühsommer periodisch überflutet. Die Überflutungsdauer schwankt zwischen einem und vier Monaten. Im Sommer trocknen die Flächen stark aus. Die typischerweise vorkommende Brenndolde (Selinum dubium = Cnidium dubium) - ein weißer Doldenblütler, ähnlich einer blühenden Möhre (Foto: weiß) - wird oft herangezogen um diesem Lebensraum seinen Namen zu geben ("Brenndolden-Auenwiesen"), obwohl diese Pflanze selbst nur noch sehr selten in Deutschland zu finden ist.
Charakteristisch ist das Vorkommen von weiteren sogenannten "Stromtalarten", z.B. Nordisches Labkraut (Galium boreale), Gewöhnliche Wiesensilge (Silaum silaus), Spieß-Helmkraut (Scutellaria hastifolia), Langblättriger Ehrenpreis (Veronica longifolia), Hohes Veilchen (Viola elatior), Niedriges Veilchen (Viola pumila), Bastard-Schwertlilie (Iris spuria), Gottes-Gnadenkraut, Kantiger Lauch, verschiedene Platterbsenarten oder in höher gelegenen Bereichen Wiesenknopf. Als charakteristische Grasart muss die Rasen-Schmiele (Deschampsia cespitosa) genannt werden. Der auf dem Foto zu sehende Gewöhnliche Teufelsabbis (Succisa pratensis, violett) ist ebenfalls typisch, kommt jedoch noch in weiteren feuchten Wiesenbiotopen vor. Die nur mäßig stark genutzen oder nutzbaren Wiesen können sehr artenreich sein.
Stromtalwiesen treten auf nassen, wechselfeuchten, zeitweise überschwemmten tonigen Standorten auf, meist in Senken/Randbereichen von Flutmulden der großen Ströme. Gerade in den bzgl. Nährstoffreichtum begünstigten Auentälern findet man heute meist flächendeckend intensiv genutztes Grünland und die verbliebenen natürlichen Stromtalweisen sind deshalb oft isoliert und kleinflächig.
Grundsätzlich handelt es sich dabei um durch Hochwasser strukturierte Auenabschnitte. Die Böden sind humusreich und infolge regelmäßigen Schwebstoffabsatzes mehr oder weniger tonig. Nährstoff können grundsätzlich durch den Boden gut gespeichert werden, andererseits kann es manchmal für die Pflanzen schwierig sein, an diese Nährstoffe zu kommen. Der hohe Tongehalt kann besonders im Sommer dazu führen, dass der Boden das Wasser nicht ausreichend abgibt. Dies und der Wechsel zwischen zeitweiser Überstauung (wenige Tage bis viele Wochen) bei Hochwasser und sommerlicher Austrocknung kennzeichnet diesen Lebensraum. Unvorhersehbare Hochwasserereignisse mit Abtragung bestehender Lebensräume und Neuschaffung an anderer Stelle ergänzend das Spektrum der Umweltbedingungen in diesem Lebensraum. Alles in allem ein Lebensraum, der sich oft ändern kann. Besonders im Frühjahr oder Frühsommer kann der Lebensraum periodisch überflutet werden, wobei die Überflutungsdauer auch einmal mehrere Wochen bis Monate dauern kann. Im Sommer trocknen die Flächen - als kontrast dazu stark - aus.
Bildergalerie von typischen Pflanzenarten in diesem Lebensraum
Verbreitung
Brenndolden-Auenwiesen kommen in den Auen der großen Fluss- und Stromtäler vor. Schwerpunktmäßig sind sie an Oder, Elbe und im Rheintal zwischen Mainz und Karlsruhe verbreitet. Darüber hinaus gibt es Vorkommen z. B. auch am Main, Havel, Spree, Schwarzer Elster oder Neiße.
In Baden-Würtemberg ist der Lebensraumtyp nur noch an einer Stelle in einer feuchten Wiese (Rheinniederung zwischen Philippsburg und Mannheim) vorhanden. Die wenigen Vorkommen in Bayern liegen in den "Mainfränkische Platten" und Schwäbisches Keuper-Liasland. Fragmentarische Vorkommen sind daneben an der Donau und der unteren Isar zu finden. In Rheinland-Pfalz kommt dieser extrem seltene und gefährdete Lebensraumtyp ausschließlich in der naturräumlichen Einheit "Oberrhein-Tiefland" vor. Schwerpunkte sind die Bereiche Laubenheim-Bodenheim, südlich von Oppenheim und in der Umgebung von Speyer sowie der Speyerbach-Schwemmkegel. In Hessen kommen die letzten Auewiesen im sog. Hessischen Ried im Bereich der Kühkopf-Knoblauchsaue bei Griesheim vor. In Sachsen haben die Pflanzengesellschaften der Stromtalwiesen ihren Verbreitungsschwerpunkt im nordwestlichen Teil des Landes, vor allem in der Elster-Luppe-Aue, in der Umgebung von Leipzig (zum Beispiel Partheaue) und im Riesa-Torgauer Elbtal.
Natura 2000 Lebensraumtyp
Dieser Biotoptyp ist ein europaweit besonders geschützter Lebensraum! Natura 2000 - Code: 6440
"Stromtalwiesen" sind ein eigenständiger Lebensraumtyp, der auf Anhang I der FFH-Richtlinie gelistet ist.
© Verbreitungskarte. Quelle: BfN/BMUB 2019: Nationaler Bericht Deutschlands nach Art. 17 FFH-Richtlinie; basierend auf Daten der Länder und des Bundes. Datengrundlage: Verbreitungsdaten der Bundesländer und des BfN.
Gefährdung
Wesentliche Gefährdungen für die Stromtalwiesen sind Veränderungen der Überflutungsverhältnisse, Aufgabe oder Intensivierung von Mahd oder Beweidung, Düngung, Aufforstung oder Umbruch. Auch Grünlandansaat oder eine Mahd zur Hauptblütezeit der vorkommenden Arten führen zur Beeinträchtigung der Bestände.
Entscheidende Maßnahmen für einen erfolgreichen Erhalt dieses Lebensraumes sind der Nährstoffeinfluss und die mechanischen Einflüsse des Flusses in Form von Hochwassern. Sie verhindern beispielsweise das Aufkomemn von Gehölzen d.h. Entwicklung in Richtung Auwald. Auch - wenn auch weniger auffällig - stabilisiert sich dadurch die speziell angepasste Pflanzengemeinschaft in der Krautschicht. Zum Erhalt bzw. zur Wiederherstellung des Lebensraumtyps sind daher v. a. die natürlichen Überflutungsverhältnisse sicher zu stellen.
Auch dieser Lebensraum ist jedoch durch menschliche Nutzung entstanden und eine extensive Mahd (1 mal jährlich oder alle 2-3 Jahre) ist notwendig, wobei der Mahdtermin an die lokale Vegetationsentwicklung angepasst sein muss. Eine Düngung der Flächen sollte in jedem Fall unterbleiben. Brenndolden-Auenwiesen im Oberrheintal liegen an der westlichen Arealgrenze ihres Verbreitungsgebietes. Viele Pflanzenarten der Brenndolden-Auenwiesen sind bestandsbedroht oder sehr selten. Vordringlich ist der Schutz aller noch verbliebenen Bestände.
In einigen Regionen von Hessen oder beispielsweise Rheinland-Pfalz versucht man Stromtalwiesen wiederherzustellen, in dem man potentiell geeignete Flächen identifiziert und dort nach Abtragung der Grasschicht Mahdgut von noch existierenden Wiesen ausbringt. Man erhofft sich, dass sich die bereits lokal ausgestorbene Arten durch Samen im Mahdgut wieder selbst ansiedeln - quasi als Starthilfe, um eine neue Artengemeinschaft zu ermöglichen, fuß zu fassen.
Besonderheiten
Brenndoldenwiesen sind Kulturbiotope, also maßgeblich durch den Menschen entstanden. Ihre Existenz hängt daher von der regelmäßigen Nutzung und Pflege der Flächen ab. Prinzipiell sind Mahd, Beweidung und eine kombinierte Nutzung als Mähweide möglich.
Tagfalter in diesem Lebensraum
Fliegen in diesem Lebensraum
Libellen in diesem Lebensraum
Amphibien & Reptilien in diesem Lebensraum
Orchideen in diesem Lebensraum
Säugetiere in diesem Lebensraum
Heuschrecken in diesem Lebensraum
Wanzen in diesem Lebensraum
Referenzlisten: