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Kalkreiche Quellfluren

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Kalkreiche Quellfluren

Mit Moosen und sonstigen Pflanzen bewachsene kalkreiche Quellbereiche

Kalkreiche Quellfluren finden sich meist kleinflächig in unmittelbarer Umgebung von Quellen. Der Kalkgehalt des Gewässers bestimmt die Artzusammensetzung der Pflanzengemeinschaften, wobei hier insbesondere der interessante Fall von Kalktuffquellen zu nennen ist:

In Gebieten, in denen das Grundwasser sehr stark mit gelöstem Kalk angereichert ist, kann sich dieser Kalk am Quellaustritt und auf den ersten Metern des Quellbaches in Form von Kristallen ablagern. Dieser abgelagerte Süßwasserkalk wird als Kalktuff bezeichnet und ist vergleichsweise porös.

Im Verlauf von Jahrzehnten kann die kontinuierliche Nachlieferung von Kalkablagerungen dazu führen, dass sich die Quelle auftürmt und Stufen und Wasserfälle bildet (Foto). Begünstigt wird die Ausfällung durch Moosüberzüge, da hier die Oberfläche vergrößert wird, auf der Kalk ausfällen kann. Außerdem verändern die Moose das chemische Gleichgewicht des austretenden Wassers, was ebenfalls eine Ausfällung begünstigt. Die Moose, welche Kalktuffquellen besiedeln weisen deshalb typischerweise kalkige Verkrustungen auf.

Quellen beherbergen generell eine sehr spezielle und lokal sehr begrenzte Tier- und Pflanzenwelt, da die Bedingungen (z.B. Wassertemperatur) sehr konstant sind und von der Umgebung abweichen. Beispielhaft können unter den Moosen Starknervmoose (Cratoneuron commutatum und Cratoneuron filicinum) und Schönastmoos (Eucladium verticillatum) genannt werden. Generell können in kalkreichen Quellgebieten z.B. Gemeines Fettkraut (Pinguicula vulgaris), Bitteres Schaumkraut (Cardamine amara), Bach-Sternmiere (Stellaria uliginosa), Wechselblättriges Milzkraut (Chrysosplenium alternifolium) oder Fetthennen-Steinbrech (Saxifraga aizoides) als typische Arten genannt werden; einige der Arten haben aber eine breitere ökologische Amplitude und können auch in sauren Quellfluren auftreten.

Unter den Tieren sind vorwiegend die in der Quelle lebenden Wasserinsekten - Eintags-, Stein- und Köcherfliegen - zu nennen, wobei man hier noch garnicht im Detail weiss, welche Arten dort leben. Der Lebensraum ist kaum untersucht und kann noch Überraschungen in sich bergen. Die gestreifte Quelljungfer (Cordulegaster bidentatus) ist eine Libellenart, welche im Gegensatz zu ihren verwandten Arten vorwiegend in Quellnähe lebt und dort ihre Eier ablegt. Unter den Wirbeltieren besiedeln Feuersalamander die Quelle oder den Quellbach.

Verbreitung

Kalkreiche Quellfluren treten verständlicherweise nur in kalkhaltigen Gebieten auf. In Deutschland findet man die Sonderausprägung von Kalktuffquellen außer in einigen Mittelgebirgen und dem Norddeutsche Tiefland schwerpunktmäßig auf der Schwäbischen und Fränkischen Alb, sowie im Alpenraum. In Hessen sind Kalktuffquellen z.B. seltene Lebensräume und im wesentlichen auf die Kalkgebiete Nord- und Osthessens beschränkt (Ringgau, Werragebiet, Meißnervorland, Rhön, Diemeltal, Ederseeregion, Schlüchterner Becken). Nur einzelne Vorkommen sind aus dem Vogelsberg und dem Lahntal bekannt.

Natura 2000 Lebensraumtyp

Verbreitung

Dieser Biotoptyp ist ein europaweit besonders geschützter Lebensraum! Natura 2000 - Code: 7220

Kalkreiche Quellfluren, bei denen es zur Ausbilung von Kalktuff kommt, sind ein Lebensraumtyp, der auf Anhang I der FFH-Richtlinie gelistet ist.

Die Abgrenzung umfasst alle direkt zur Quelle gehörenden Bereiche sowie die von der entsprechenden Vegetation (Cratoneurion) eingenommene Fläche, auch wenn diese sich am Quellbach bis in den Oberlauf des Fließgewässers entlangzieht.

© Verbreitungskarte. Quelle: BfN/BMUB 2019: Nationaler Bericht Deutschlands nach Art. 17 FFH-Richtlinie; basierend auf Daten der Länder und des Bundes. Datengrundlage: Verbreitungsdaten der Bundesländer und des BfN.


Gefährdung

Aufgrund der geringen Flächenausdehnung ist dieser Lebensraum schon durch kleinräumige mechanische Störungen sehr gefährtet. Trittbelastungen durch Menschen oder Tiere (Viehtränke) können Kalktuffquellen stark schädigen. Auch dei teilweise verbreitete Neigung, Quellen "einzufassen" und mit einem Rohr zu versehen, zerstört diesen Lebensraum. Darüber hinaus sollten alle Beeinträchtigung des Wasserhaushaltes (z.B. Grundwasserabsenkung, Wasserentnahme) und Stoffeinträge (Nährstoffe und Pestizide durch die Landwirtschaft) verhindert werden.

Libellen in diesem Lebensraum

Amphibien & Reptilien in diesem Lebensraum

Wanzen in diesem Lebensraum

Referenzlisten:

Natura2000: Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen

EUNIS 2021/22: European Nature Information System (EUNIS; deutsch Europäisches Naturinformationssystem). EUNIS marine habitat classification (Updated version March 2022), EUNIS terrestrial classification (Updated 2021)

EuroVegChecklist: Bergmeier E. (2020) & Mucina et al. (2016)

Bergmeier E. (2020): Die Vegetation Deutschlands – eine vergleichende Übersicht der Klassen, Ordnungen und Verbände auf Grundlage der EuroVegChecklist. Tuexenia 40: 19–32.

Mucina L., H. Bültmann, K. Dierßen, J.-P. Theurillat, T. Raus, A. C arni, K. Š umberová, W. Willner, J. Dengler, R. Gavilán García, M. Chytrý, M. Hájek, R. Di Pietro, D. Iakushenko, J. Pallas, F.J.A. Daniëls, E. Bergmeier, A. Santos Guerra, N. Ermakov, M. Valachovic , J.H.J. Schaminée, T. Lysenko, Y.P. Didukh, S. Pignatti, J.S. Rodwell, J. Capelo, H.E. Weber, A. Solomeshch, P. Dimopoulos, C. Aguiar, S.M. Hennekens & L. Tichý (2016): Vegetation of Europe: hierarchical floristic classification system of vascular plant, bryophyte, lichen, and algal communities. Applied Vegetation Science, Vol. 19, Supplement 1: 1-264.

Ellenberg, H. & Leuschner, C. (2010): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen, 6. Aufl., Stuttgart: 1357 S.

Delarze R., Gonseth Y., Eggenberg S., Vust M. (2015): Lebensräume der Schweiz. Ökologie - Gefährdung - Kennarten. 3. Auflage 2015. 456 Seiten.

Finck, P., Heinze, S., Raths, U., Riecken, U., Ssymank, A. (2017): Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen Deutschlands – dritte fortgeschriebene Fassung 2017. Naturschutz und Biologische Vielfalt 156, 460 S.

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Referenzlisten

Bezüge zu anderen Listen:
Ellenberg & Leuschner (2010) 1.6.3.1
Finck et al. (2017) 22.01, 60.01
EUNIS 2021/22
EuroVeg-Checklist 12OA02F, 12OA02G
Delarze et al. (2015) 1.3.2.
Natura 2000 7220*
Häufigkeit sehr selten

Online: https://www.deutschlands-natur.de/lebensraeume/suesswasser/kalktuffquellen-cratoneurion/
Datum: 19.03.2024
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