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Naturnahe Schotterflächen alpiner Flüsse mit Deutscher Tamariske und Ufer-Reitgras

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Naturnahe Schotterflächen alpiner Flüsse mit Deutscher Tamariske und Ufer-Reitgras

Die seltene Deutsche Tamariske (Myricaria germanica, Foto) ist eine unscheinbare blaugrüne Pionierpflanze, die nur auf Schotterflächen von naturnahen Fließgewässern der Alpen und des Alpenvorlandes wächst. Sie ist die Charakterart für diesen Biotoptyp, der in Deutschland sehr selten ist; er wurde deshalb unter besonderen Schutz der Fauna Flora Habitatrichtlinie gesetzt.

Neben der Tamariske wachsen in der Regel noch verschiedene Weidenarten (Salix) auf den Schotterbänken, außerdem oft das typische Ufer-Reitgras (Calamagrostis pseudophragmites). Es handelt sich um einen Lebensraumtyp, der erst wenige Jahre alt ist, d.h. der neu aus ehemals freigespülten oder angelandeten Schotterbänken entstanden ist. Auf dem Boden scheint immer noch großflächig der unbewachsene feine Schotter bzw. Sand durch, die Tamariskensträucher sind meistens nicht höher als hüfthoch.

Aus pflanzensoziologischer Sicht würde man diesen Biotoptyp zu den Lavendelweidengebüschen zuordnen, welche meistens in unmittelbarer Nähe und verzahnt mit diesem Lebensraum vorkommen. Die Deutsche Tamariske benötigt feinere Substrate zum keimen, steht sie in groben Schotter, ist dieser meistens nachträglich durch Hochwasser aufgelagert worden - etwas, was die Tamariske als typische Pionierpflanze der Wildflüsse mit ihren tiefen Wurzeln sehr gut übersteht.

Schotterbänke alpiner Flüsse sind generell sehr bedeutende Lebensräume für die Tier- und Pflanzenwelt. Sie dienen Vögeln wie dem Flussregenpfeifer oder Uferstrandläufer als Brutlebensraum. Zahlreiche sehr seltene Wirbellose besiedeln dieses Habitat, z.B. die sehr seltene Türks Dornschrecke (Tetrix tuerki) oder die größte einheimische Spinnenart, die Flussuferwolfspinne (Arctosa cinerea), welche hier die Winterzeit in einer Sandröhre verbringen.

Bildergalerie von typischen Pflanzenarten in diesem Lebensraum

Deutsche TamariskeLavendel-Weide

Verbreitung

In Deutschland sind die alpinen Flüsse mit der Deutschen Tamariske auf die Alpen und das Alpenvorland beschränkt. Historisch war dieser Lebensraum deutlich weiter verbreitet, an Wildflüssen mit natürlichen Schotterbänken.

Naturnahe Schotterflächen alpiner Flüsse mit Deutscher Tamariske und Ufer-Reitgras sind heute durch Ausbau der Flüsse der seltenste Lebensraumtyp alpiner Flüsse in Deutschland. Restvorkommen finden sich nur noch an wenigen Flüssen, wie Isar und Halblech.

Natura 2000 Lebensraumtyp

Verbreitung

Dieser Biotoptyp ist ein europaweit besonders geschützter Lebensraum! Natura 2000 - Code: 3230

"Alpine Flüsse mit Ufergehölzen von Myricaria germanica" sind ein eigenständiger Lebensraumtyp, der auf Anhang I der FFH-Richtlinie gelistet ist.

© Verbreitungskarte. Quelle: BfN/BMUB 2019: Nationaler Bericht Deutschlands nach Art. 17 FFH-Richtlinie; basierend auf Daten der Länder und des Bundes. Datengrundlage: Verbreitungsdaten der Bundesländer und des BfN.


Ökologie

Auch dieser Lebensraum ist stark auf ein natürliches Abflussregime und eine natürliche Geschiebefracht der alpinen Flüsse angewiesen. Typisch sind regelmäßige Überschwemmungen und Umlagerungen durch Frühsommerhochwasser (Schneeschmelze) aber auch ungewöhnliche und nicht vorhersehbare Hochwasserereignisse, welche praktisch im ganzen Jahr auftreten können.

Die Deutsche Tamariske benötigt zum Keimen eher feinsedimentreichere und vegetationsreiche Bereiche der Wildflusslandschaften. Einmal etabliert reagiert sie sehr robust auf Überschwemmungsereignisse: Eine tiefe Wurzel verankert sie sicher im Schotterbett und bei Überlagerungen durch Sedimente werden Seitentriebe an die Bodenoberfläche geschoben.

Bei fehlender Fließgewässerdynamik erfolgt keine Verjüngung der Tamarisken-Bestände, d. h. der Lebensraumtyp ist dann auf Dauer nicht erhaltbar und die Art stirbt aus.

Gefährdung

Hauptgefährdungsursache für Schotterbänke mit der Deutscher Tamariske ist der Fließgewässerausbau mit Staustufen, Uferverbau und -befestigungen, Sohlverbau, Gewässerbegradigung sowie Stromgewinnung. Teilweise stellen Wasserentnahme, Eutrophierung und Sand- und Kiesabbau Gefährdungen dar.

Für den Lebensraumtyp ist keine Pflege erforderlich. Es gilt die natürliche Fließgewässerdynamik uneingeschränkt zu erhalten. Jeder weitere Ausbau sollte angesichts der hohen historischen Verluste unterbleiben. Es besteht die Notwendigkeit der Entwicklung (z. B. Rückbau von Staustufen, Uferverbau). Dies wirkt sich auch positiv hinsichtlich Hochwasserschutz an den Unterläufen aus.

Tagfalter in diesem Lebensraum

Fliegen in diesem Lebensraum

Libellen in diesem Lebensraum

Amphibien & Reptilien in diesem Lebensraum

Orchideen in diesem Lebensraum

Säugetiere in diesem Lebensraum

Heuschrecken in diesem Lebensraum

Wanzen in diesem Lebensraum

Referenzlisten:

Natura2000: Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen

EUNIS 2021/22: European Nature Information System (EUNIS; deutsch Europäisches Naturinformationssystem). EUNIS marine habitat classification (Updated version March 2022), EUNIS terrestrial classification (Updated 2021)

EuroVegChecklist: Bergmeier E. (2020) & Mucina et al. (2016)

Bergmeier E. (2020): Die Vegetation Deutschlands – eine vergleichende Übersicht der Klassen, Ordnungen und Verbände auf Grundlage der EuroVegChecklist. Tuexenia 40: 19–32.

Mucina L., H. Bültmann, K. Dierßen, J.-P. Theurillat, T. Raus, A. C arni, K. Š umberová, W. Willner, J. Dengler, R. Gavilán García, M. Chytrý, M. Hájek, R. Di Pietro, D. Iakushenko, J. Pallas, F.J.A. Daniëls, E. Bergmeier, A. Santos Guerra, N. Ermakov, M. Valachovic , J.H.J. Schaminée, T. Lysenko, Y.P. Didukh, S. Pignatti, J.S. Rodwell, J. Capelo, H.E. Weber, A. Solomeshch, P. Dimopoulos, C. Aguiar, S.M. Hennekens & L. Tichý (2016): Vegetation of Europe: hierarchical floristic classification system of vascular plant, bryophyte, lichen, and algal communities. Applied Vegetation Science, Vol. 19, Supplement 1: 1-264.

Ellenberg, H. & Leuschner, C. (2010): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen, 6. Aufl., Stuttgart: 1357 S.

Delarze R., Gonseth Y., Eggenberg S., Vust M. (2015): Lebensräume der Schweiz. Ökologie - Gefährdung - Kennarten. 3. Auflage 2015. 456 Seiten.

Finck, P., Heinze, S., Raths, U., Riecken, U., Ssymank, A. (2017): Rote Liste der gefährdeten Biotoptypen Deutschlands – dritte fortgeschriebene Fassung 2017. Naturschutz und Biologische Vielfalt 156, 460 S.

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Referenzlisten

Bezüge zu anderen Listen:
Ellenberg & Leuschner (2010) 8.1.1.1
Finck et al. (2017) 63.01
EUNIS 2021/22 S91
EuroVeg-Checklist 12HB01A
Delarze et al. (2015) 5.3.6.
Natura 2000 3230
Häufigkeit sehr selten

Höhenverbreitung

Info Bundesländer


Online: https://www.deutschlands-natur.de/lebensraeume/suesswasser/alpine-fluesse-mit-ufergehoelzen-von-myricaria-germanica/
Datum: 08.12.2024
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