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Streuobstwiesen
Unter Streuobstwiesen kann sich jedermann etwas vorstellen und dennoch ist es wichtig, auf Besonderheiten dieses Lebensraumes hinzuweisen, die ihn erst zu einem sehr wertvollen Lebensraum werden lassen - bedeutend ist die "extensive" Nutzung:
Streuobstwiesen bestehen aus hochstämmigen Obstbäumen verschiedener Arten (Birne, Apfel, Kirsche etc.) und Sorten. Sie sind nicht zu verwechseln mit Obstplantagen, in denen niedrigstämmige Bäume in Monokulturen angebaut werden. In den hier angesprochenen Streuobstwiesen werden zudem keine Gifte zur Insekten- und Pilzbekämpfung eingesetzt. Gifte wurden früher in der bäuerlichen Landwirtschaft nicht eingesetzt, da man sie sich schlicht und ergreifend nicht leisten konnte und heute verzichten viele darauf, um gesundes Obst für den Eigenbedarf zu gewinnen - ein Glücksfall für Tiere und Pflanzen.
Weitere wichtige Kennzeichen sind die wenig intensive Bewirtschaftung der Wiese unter den Bäumen, also z.B. als Mähwiese mit wenigen Mahdterminen oder extensive Viehweide. Beides sorgt dafür, dass auch die Wiese ein bedeutender Lebensraum für Tiere und Pflanzen werden kann, auch wenn sie nicht ganz das Artenreichtum aufweisen können, wie einige wertvolle Grünlandlebensräume, welche an anderer Stelle genannt werden. Die Obstbäume selbst sind Lebensraum für Tiere, insbesondere wenn sie sehr alt sind und sich hier und da Höhlen entwickelt haben - Bruthöhlen für Vögel oder Kinderstuben für Säugetiere. Das unterschiedet sie z.B. von den Niedrigstämmen, die i.d.R. für Höhlenbrüter unter den Vögel nicht als Brutbäume genutzt werden können. Idealerweise finden sich in den Bäumen auch einzelne alte Äste, obwohl sie bereits abgestorben sind. Auch diese dienen speziell angepassten Arten als wertvoller Mikro-Lebensraum.
Die Kombination all dieser Faktoren machen Streuobstwiesen überaus bedeutend für die Tier- und Pflanzenwelt und rechtfertigt eine Abgrenzung als eigener Biotoptyp. Man könnte auch von einem Biotopkomplex sprechen; ein Pflanzensoziologe würde sich die Wiese genauer anschauen und verschiedenen anderen Biotoptypen (Magerrasen, Glatthaferwiesen, Pfeifengraswiesen etc.) zuordnen, welche auch auf dieser Website noch getrennt aufgeführt werden.
Die Wiese selbst ist je nach Untergrund recht ähnlich den Wiesen, wie sie an anderer Stelle beschrieben werden. Typische Pflanzenarten können z.B. Großer Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis), Heilziest (Betonica officinalis), Herbstzeitlose (Colchicum autumnale), Löwenzahn (Taraxacum officinale), Schafgarbe (Achillea millefolium), Wiesenschaumkraut (Cardamine pratensis), Wilde Möhre (Daucus carota) oder Wiesen-Bärenklau (Heracleum sphondylium) sein - Pflanzen die schon ein gewisses Nährstoffreichtum anzeigen, aber dennoch in der intensiven Landwirtschaft zurückgehen.
Die Bäume zur Obstblüte und die artenreichen Wiesen sind Lebensraum für zahlreiche Insekten wie Bienen, Schmetterlinge, Fliegen, Käfer und Heuschrecken. Besonders erwähnenswert sind Insekten, welche sich in toten Obstbaumästen entwickeln - z.B. verschiedene geschützte Prachtkäferarten. Typische Vögel der Streuobstwiese sind Steinkauz (Athene noctua), Wendehals (Jynx torquilla) , Gartenbaumläufer (Certhia brachydactyla), Gartenrotschwanz (Phoenicurus phoenicurus), Ortolan (Emberiza hortulana), Stieglitz (Carduelis carduelis), Wiedehopf (Upupa epops), Rotkopfwürger (Lanius senator) und der Feldsperling (Passer montanus) als seltenere Schwesterart des Haussperlings.
In den Baumhöhlen können Gartenschläfer (Eliomys quercinus), Siebenschläfer (Myoxus glis) und Fledermäuse ihr Quartier finden.
Bildergalerie von typischen Pflanzenarten in diesem Lebensraum
Verbreitung
Streuobstwiesen gibt es überall in Deutschland, meistens in der Nähe von Siedlungen. Ihr Bestand ist allerdings deutlich zurückgegangen.
Gefährdung
Streuobstwiesen sind Teil einer traditionellen Landwirtschaft bis ca. in die 60er Jahre. Die allgemeine Intensivierung der Landwirtschaft hat auch im Obstbau Einzug gehalten und dazu geführt, dass enorme Flächenanteile der ehemals verbreiteten Streuobstwiesen heute verloren gegangen sind. Konkret war es der Wechsel zur Plantagenwirtschaft und der Übergang zu den Niederstämmen - beides leider auch noch auf "höchster Ebene" durch die EG gefördert.
Für die verbliebenen Streuobstwiesen ist die Aufgabe der Pflege ein Problem. Auch wenn ein gewisser Totholzanteil und insbesondere ältere Bäume sehr gewünscht sind, führt die vollständige Aufgabe der Nutzung dazu, dass Bäume überaltern und irgendwann der gesamte Obstbestand verloren geht. In den letzten Jahrzehnten hat man die Bedeutung der Streuobstwiesen erkannt und man versucht die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Dazu werden bestehende Streuobstbestände wieder gepflegt und durch Neupflanzungen verjüngt.
Naturschutzaktionen und Baumpatenschaften garantieren darüber hinaus den Erhalt dieses Lebensraumes und nicht zu vergessen, gesundes ungespritzes Obst.
Besonderheiten
Streuobstwiesen sind eine sehr wichtige Erhaltungsstätte für sogenannte alte Obstsorten. So werden in den Supermärkten heute beispielsweise nur noch wenige dutzend Apfelsorten vermarktet, dabei gibt es hunderte Sorten alleine in Deutschland. Es besteht die Gefahr, dass alte Sorten unwiederbringlich verloren gehen und damit auch ihre wertvollen Eigenschaften: Verschiedene Sorten bedeuten nicht nur unterschiedliches Aussehen - wie vielfältig Äpfel schmecken können, ist vielen überhaupt nicht klar.
Aber der Erhalt alter Sorten ist auch aus anderen Gründen sehr wichtig. Alte Sorten können weniger empfindlich gegenüber Schädlingen sein, sie können an bestimmten Standorten besser wachsen als die verbreiteten Kulturarten und sie eignen sich teilweise wesentlich besser für die Lagerung, als die wenigen vermarkteten Arten.
Nicht zuletzt können die Inhaltsstoffe von Äpfeln sehr unterschiedlich sein und Personen, welche die Äpfel aus dem Supermarkt nicht mehr vertragen, können unter den alten Sorten möglicherweise noch Sorten finden, welche sie mit Genuss essen können. Im Prinzip gelten derartige Aussagen auch für andere Obstgruppen, also z.B. Kirschen, Birnen, Zwetschgen etc. pp.
Tagfalter in diesem Lebensraum
Fliegen in diesem Lebensraum
Amphibien & Reptilien in diesem Lebensraum
Säugetiere in diesem Lebensraum
Heuschrecken in diesem Lebensraum
Wanzen in diesem Lebensraum
Referenzlisten: